Den Trend bei großen Massen der Bevölkerung, sich großflächig "hacken" zu lassen, beobachte ich auch. Mit wenigen Ausnahmen finde ich es nicht schön. Die wenigen Ausnahmen waren dezent und zurückhaltend, waren zudem nur sichtbar, wenn sich die Person entblößte.
Unterdessen dürften Massen von Arschgeweihen in der Altersgruppe der Ü60er angekommen sein.
Was ich allerdings auch beobachte, das ist, dass
abhängig Beschäftigte geballt und in häufiger Zahl spontane "Krankmeldungen" als allgemeines Druckmittel bzw. als Antwort auf jedwede Unzufriedenheit einsetzen.
Zwei Beispiele genehm?
Mein Kollege, der Anfang Februar mehr oder weniger gegen seinen Willen hierher kam und mich nach langjähriger 200 %-Dienstverrichtung entlasten bzw. bei Abwesenheit vertreten soll, hatte es seither bereits geschafft, die Zahl seiner Kranktage mit attest(pflicht)freien Kurzerkrankungen (bis zu drei Tage am Stück) auf 2/3 seines jährlichen Urlaubsanspruchs zu bringen. Und ich bin zuversichtlich, dass er sich den "Urlaub" bis zum Jahresende auch noch zu verdoppeln vermag. Zwar führt er immer wieder "Migräne" als Ausrede an, schaffte es aber bisher erst einmal, sich für
längere Krankheit (in dem Falle irgendein garstiger Atemwegsinfekt)
mit Attest abzumelden. Ansonsten immer wieder diese Drei-Tages-Dinger. Dabei ist der entweder dumm-dreist oder er merkt es selbst nicht: Geht mittwochs auf dem Nachbargrundstück bei Aldi einkaufen - seine Verpflegung für die Woche. Kannste machen, buchste in der Zeiterfassung als Dienstunterbrechung = Pause. Jeder hat auf seiner Etage ein Kühlschrankfach mit seinem Namen. Ich hatte heute früh meines voll gepackt mit allem, was für Frühstück und Mittagessen in dieser Woche vorgesehen ist. Er kaufte in der vergangenen Woche mittwochs also ein, stapelt sein Fach voll - nahm aber alles mit nachhause und meldete sich donnerstags ins Wochenende ab.
Rainer, du darfst raten, wer auch heute nicht erschienen ist!
Randnotiz: Der ist im August
40 geworden.
Beispiel 2 ist die Lebenspartnerin eines Freundes. Ungelernte Backwarenverkäuferin, jedoch rechnet man in der Branche wohl auch jahrelange Berufserfahrung irgendwann an. Da kann sie auf 1,5 Dekaden verweisen. Soweit okay! Angestellt bei einer namhaften Backwaren-Apotheke, die als Kette in drei Regionen in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt sowie Berlin und seinem Umland nach eigenen Angaben rund 530 Verkaufsstellen betreibt und mehr als 4000 Beschäftigte haben soll.
Die Arbeitsverträge sehen zwar eine Beschäftigung ohne prinzipielle Filialbindung in den jeweiligen Ballungsräumen vor, wobei man zwar die Wünsche nach einer heimatnahen Stammfiliale in einer (natürlich beiderseitig kündbaren) Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag berücksichtigt und auch darauf achtet, dass in Filialen ohne ÖPNV-Erreichbarkeit keine darauf angewiesenen Beschäftigten geschickt werden, die mangels Mobilitätsalternativen darauf zwingend angewiesen wären. Dem Grundsatz nach soll jeder einer Stammfiliale zugewiesen werden und in höchstens zwei weiteren als Urlaubs- oder Krankheitsvertretung zeitweise aushelfen. Diese sollen auch nicht "am anderen Ende der Stadt" liegen, sondern halbwegs in der Nähe der Stammfiliale. Die Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag bietet beiden Seiten den Vorteil, dass man sie kündigen kann, ohne den Arbeitsvertrag selbst infrage zu stellen. Es bedarf dann eben einer neuen Zusatzvereinbarung, beispielsweise nach einem Umzug. Im Gegenzug bietet das Unternehmen Teil- und Vollzeitbeschäftigung an sowie die Möglichkeit, dazwischen auch wechseln zu können. In dieser Branche längst keine Selbstverständlichkeit!
Kurz zusammengefasst: Jene Verkaufskraft beantwortet Schichteinteilungen zur befristeten Aushilfe abseits ihrer fußläufig in 20 min erreichbaren Stammfiliale stets vorhersagbar mit attestierten Krankmeldungen. Freilich wurde auch vor einem Jahr der in Ehren alt gewordene Opel Astra abgeschafft, damit es ein Argument mehr gibt, dass man eben nicht aushilfsweise mal nach Berlin fahren könnte.
Wo sie aber eine wahre Fachkraft ist: Es vergeht keine Woche, in der nicht zwei- oder dreimal der graue Amazon-Transporter vorfährt. Temu usw. kennt sie auch auswendig. Viel wird bestellt, zu Amazon geht auch entsprechend viel zurück. Manches wird nach kurzer Zeit schon wieder verschenkt oder fliegt in den Müll. Zugleich aber stets das Gejammer, dass trotz Vollbeschäftigung und bereits abgeschafftem Auto am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig wäre. Für Altersvorsorge irgendwie/irgendwo halbwegs sicher zu investieren oder was wegzulegen, das wird bei ihr auch eher unwahrscheinlich sein.
Ihr Liebling, Berufskraftfahrer, ist erheblich älter und wird somit weit vor ihr in Rente gehen wollen und das auch dürfen. Wieviel er bekommen und ob es reichen würde, um beide durchzufüttern, das weiß ich nicht. Von ihr habe ich aber bereits die Erwartung gehört, entweder mit ihm gemeinsam das Arbeitsleben zu beenden oder "für ein paar wenige Jahre" höchstens noch zwei Wochentage arbeiten gehen zu wollen.
Unter uns: Zwischen beiden liegen nicht ganz 20 Jahre Altersdifferenz. Dass beide sich offenbar schon seit Jahren sehr gut verstehen, das finde ich ehrlich schön! Aber: Sie wird in den zahlreichen Berufsjahren mit "ungelernt"-Einkommen und sehr wahrscheinlich auch deutlich weniger Wochenstunden als gegenwärtig jedenfalls keine üppigen Rentenansprüche erworben haben.