Verständnisfrage zum Antiblockiersystem

Hallo zusammen!

Ziel des ABS ist es ja, im Fall eines blockierenden Reifens die Bremskraft soweit zu verringern, dass der Reifen nicht mehr blockiert, einen bestimmten Schlupf zu erreichen und somit in der Regel eine bessere Bremswirkung zu erzielen.

Die Bremskraft soweit zu verringern, dass das Rad nicht mehr blockiert ist steuerungstechnisch keine Kunst. Schwieriger wird es aber, wenn ein bestimmter Schlupf erreicht werden soll. Dazu muss das ABS-Steuergerät die Momentangeschwindigkeit als Messgröße kennen - oder?

Wenn ich jetzt beispielsweise mit 60km/h eine Vollbremsung auf schneeglatter Fahrbahn mache, dann blockieren zumindest kurz (bis zum eingreifen des ABS) alle 4 Räder. Woher bekommt das Steuergerät nun den Wert für die Geschwindigkeit, wenn sich kein Rad mehr dreht. Theoretisch wäre es nicht mehr möglich, die Bremskraft so zu dosieren, dass ein bestimmter Schlupf gewährleistet wird.

Gruß
Manuel

Ich weiss es nicht wirklich, aber beobachte es mal aufmerksam:

Das ABS "pumpt" dagegen, so dass die Räder "ganz kurz" nochmal drehen können.
Es bekommt also zwischendurch ganz kurz mit, wie schnell man ist.

Zusätzlich haben aktuelle ABSse noch die Beschleunigungssensoren des ESP, damit kann es auch rumrechnen.

m;

Servus Manuel!

Manuel26 hat folgendes geschrieben:

... Wenn ich jetzt beispielsweise mit 60km/h eine Vollbremsung auf schneeglatter Fahrbahn mache, dann blockieren zumindest kurz (bis zum eingreifen des ABS) alle 4 Räder. ...

Und da ist schon der erste Denkfehler
Die Räder werden NIE gleichzeitig blockieren, denn das ABS-StG wertet hier im Milisekundenbereich (!) die jeweiligen Raddrehzahlen aus.
Weiter erkennt es somit schon eine drohende Blockierung eines Rades ohne daß dies auch wirklich zum Stillstand kommt oder kommen muß!

Anders erklärt: Bei einer (starken) Bremsung wird die Fahrzeuggeschwindigkeit geringer, ebenso wird von den Raddrehzahlsensoren eine immer langsamer werdene Rotationsgeschwindigkeit dem ABS-StG übermittelt.
DROHT jetzt ein Rad (gleich) zu blockieren, wird an diesem (kurz) ZUVOR die Rotationsgeschwindigkeit augenblicklich wesentlich stärker abnehmen als an den anderen Rädern. HIER greift das ABS schon ein und nicht erst, wenn das Rad tatsächlich steht.
Bedenke stets: Betrachtung im ms-Bereich und nicht ganze Sekunden

Deshalb wird die ABS-Funktion unter etwa 6 km/h auch abgeschaltet, sonst tätest ja an der roten Ampel davonrollen

Hoffe Dir etwas Licht ins Dunkel gebracht zu haben.

Viele Grüße aus München!

Hallo,

zum Verständnis der Regelungsabläufe im ABS empfehle ich folgendes PDF:
http://www.weberingo.de/files/Artikel_Ingo1.pdf

Prinzipiell lässt sich die tatsächliche Fahrzeuggeschwindigkeit aus der Anfangsgeschwindigkeit (ohne Bremseingriff) unter Zuhilfenahme des Sensors für Längsbeschleunigung errechnen.

Die (Längs-)Beschleunigung ist definiert als Geschwindigkeitsänderung pro Zeitintervall dt. Sprich die zeitliche Ableitung der Fahrzeuggeschwindigkeit.
Damit lässt sich umgekehrt durch Integration der Beschleunigung über die Zeit auf die Fahrzeuggeschwindigkeit schliessen.

Das ABS kann so den Schlupf als Differenz der (errechneten) tatsächlichen Fahrzeuggeschwindigkeit und der Geschwindigkeit der Reifenoberfläche (über die Raddrehzahlsensoren) den Schlupf bestimmen.

Viele Grüsse, Rainer

Hallo!

Danke für die Antworten und den interessanten Link!

Gruß
Manuel