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Durchzugsrechner / Leistungstest 2000 - 4000 rpm (Fachartikel)

 
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Durchzugsrechner / Leistungstest 2000 - 4000 rpm
ulf Beitrag25-09-2003, 15:45  
Vorab meinen herzlichen Dank an Ernst S. für seine Arbeit bei der Weiterentwickung des Durchzugsrechners aus den ersten Versuchen bis zum heutigen Umfang!

Die Grundidee des Durchzugsrechners (DZR) liegt darin, das Durchzugsvermögen eines Wagens bei Vollgas auf ebener Strecke per Stoppuhr zu messen, um daraus eine Aussage über die Motorleistung im durchfahrenen Drehzahlbereich abzuleiten.
Die trägen Massen des Fahrzeuges (samt Gepäck, Insassen usw.) ersetzen dabei im Prinzip die Schwungmassen eines Leistungsprüfstandes.
Beim TDI bietet sich für die Messung der Drehzahlbereich zwischen 2000 und 4000 rpm an, da die Motoren hier mit vollem Ladedruck laufen und somit immer das maximal mögliche Drehmoment verfügbar ist.
Messungen im 3. Gang ergeben dabei eine Geschwindigkeitsspanne von ca. 50 bis 100 km/h, sind hinsichtlich der Streckenauswahl unproblematisch (wenige 100 m Landstraße reichen aus) und spielen sich meist in Zeitspannen um 6 - 8 sec ab, die per Stoppuhr mit etwas Übung auf etwa 3% genau (oder besser) bestimmt werden können.


Wie wird gemessen?

Bei der Messung der 2000 - 4000 rpm-Zeit muß man zur Umgehung des Turbolochs spätestens bei 1500 rpm Vollgas geben und anschließend die Zeit zwischen 2000 und 4000 rpm laut Drehzahlmesser stoppen.
Klimaanlagen müssen völlig abgeschaltet sein, denn sonst gehen vorweg einige PS für den Durchzugstest verloren!

Da sich Messfehler im (statistischen) Mittel ausgleichen, erhöht der Durchschnittswert aus mehreren Messungen die Genauigkeit.
Um auch Verfälschungen durch Steigungen bzw. Gefälle sowie Gegen- und Rückenwind auszuschließen, sollten die Messfahrten zu gleichen Teilen in beide Richtungen erfolgen. In der Regel erhält man aus insgesamt 4 bzw. 6 Messungen eine recht verlässliche (Durchschnitts)Zeit.

Wer über VCDS (ehemals VAG-COM) verfügt, kann die Stoppuhr durch ein Datalogging während des Versuchs ersetzen. VCDS-RKS enthält das Tool KPower, welches die gesamte Auswertung automatisiert.

Um eine möglichst hohe Samplingrate und damit ein genaues Ergebnis zu bekommen, sollte man nur 1 Meßwerteblock loggen, in dem die Motordrehzahl enthalten ist.
Aus dem Log überträgt man dann die Zeit und Drehzahl der letzten Messung vor 2000 bzw. 4000 rpm sowie der ersten Messung nach 2000 bzw. 4000 rpm ins Blatt "Zeit-Interpolation".
Die genaue Zeitspanne von 2000 bis 4000 rpm wird interpoliert und im Blatt "Durchzugsrechner" neben die berechnete Zeit übertragen.


Vergleich von gemessener Zeit und Berechnung

Mit einer Excel-Berechnung (dem eigentlichen DZR, siehe Download), die insbesondere die Gesamtübersetzung (rpm -> km/h) und das Fahrzeuggewicht mit einbezieht, lässt sich ein fahrzeugspezifischer Sollwert für die 2000 bis 4000 rpm-Zeit berechnen und der gestoppten bzw. geloggten Zeit gegenüberstellen.
Der Vergleich der gestoppten / geloggten Zeit mit dem Sollwert ermöglicht eine Aussage darüber, ob die Motorleistung zwischen 2000 und 4000 rpm im Mittel den Werksangaben entspricht bzw. um wieviel % sie nach oben oder unten abweicht (näheres folgt weiter unten).


Was wird für die Berechnung gebraucht?

Die Verlässlichkeit der Sollzeit-Berechnung steht und fällt mit der Genauigkeit der Fahrzeugdaten, insbesondere das Gewicht und die Gesamtübersetzung (rpm -> km/h) müssen möglichst exakt ermittelt werden.
Als Lohn dieses Aufwandes erhält man aus dem Vergleich zwischen Ist- und Sollzeit eine Genauigkeit der Leistungsberechnung, die prinzipiell nicht hinter korrekt ausgeführten(!!) Prüfstandsmessungen zurücksteht.

Merke: Auch bei einer Leistungsmessung auf der Rolle gibt es nur einen einzigen garantiert genauen Wert - nämlich den bezahlten Preis!
Und da der Kunde für sein Geld lieber hohe Leistungen liest, werden die Verfahrenstoleranzen oft auch in ebendiese Richtung geschoben . . .
siehe z.B. http://www.tuneline.at/presse/detail.asp?start=34


Damit der DZR rechnen kann, müssen vorab in den Feldern B45 bis B55 die normalen Drehmomentwerte des jeweiligen Motors (ohne Tuning) stehen.
Die Daten der gängigen Motoren findet man rechts unten auf dem Tabellenblatt: einfach die Daten des gewünschten Motors nach B45 bis B55 kopieren.
Alternativ können auch eigene oder veränderte Werte eingegeben werden.

Die schon beschriebene Abhängigkeit der Beschleunigung (neben der Motorleistung) von der Übersetzung und dem Kampfgewicht berücksichtigt der DZR über die Felder E8 und E9.

Beim Gewicht müssen Insassen, Sonderausstattungen (Klima!), Gepäck und sonstiger Ballast so genau wie möglich einbezogen werden, sonst liegt die berechnete Durchzugszeit mehr oder weniger neben den realen Verhältnissen bei dem betr. Fahrzeug, und die Berechnung ist schon halb für den Müll!
Optimal ist hier natürlich eine genaue Wägung.
Ansonsten sollte man am besten von den Fzg-Papieren, der Betriebsanleitung bzw. den Katalogdaten ausgehen.

In deutschen Fahrzeugscheinen steht (grundsätzlich) das Leergewicht des jeweiligen Basismodells incl. Fahrer (75 kg), 90% Tankfüllung und Bordwerkzeug.

Das eigene Fahrzeug ist aber meistens ein Stück schwerer.
Für Zusatzausstattungen kann man überschlägig von folgenden Gewichten ausgehen (soweit im Basismodell nicht serienmäßig enthalten!):
Klimaanlage = 25 kg
4 Türen = 30 kg
Anhängerkupplung = 20 kg
elFH und ZV = 20 kg
elektr. Schiebedach = 20 kg
vollwertiges Reserverad = 10 kg
Breitreifen statt Normalformat = 10 kg (für 4 Räder)
Radio (Normalausführung, keine Monster-Anlage) = 10 kg
zusätzlicher Subwoofer = 10 kg
Geteilte Rückbank = 10 kg
Komfortsitze / Easy Entry usw. (manuelle Betätigung) = 3 kg pro Sitz
Elektrische Sitzverstellungen = 5 kg pro Sitz
Lederausstattung = 5 kg
ESP = 5 kg
Kopfairbags = 4 kg
Xenonlicht = 4 kg
Sitzheizungen = 3 kg
Elektrospiegel = 3 kg
Fußmatten = 2 kg


Über das Feld E9 werden Getriebeübersetzung und Abrollumfang der Reifen berücksichtigt. Das Blatt Geschw.Rechner ermöglicht dafür eine präzise Berechnung und liefert gleichzeitig die Streubreite der Geschwindigkeit aufgrund der zulässigen Fertigungstoleranzen im Abrollumfang der eingegeben Reifen.
Wenn man diese Eckwerte in den DZR einsetzt, wird mancher staunen, wie sich die Durchzugszeit alleine durch Toleranzen bei ein und derselben Reifengröße verändern kann.
Vergleichbaren Einfluß haben natürlich auch andere Reifengrößen: Wer z.B. kleinere Reifen fährt, aber seine gemessene 2000 - 4000 Zeit mit der Berechnung für die Werksreifen vergleicht, lügt sich in die eigene Tasche!

Entsprechend wichtig für eine genaue Durchzugsberechnung ist der tatsächliche Abrollumfang der Reifen.
Der lässt sich ausreichend genau so feststellen:
Auf ebener Strecke (Parkplatz, Garage etc.) mit normalem Reifendruck und Lenkung geradeaus die Position des Wagens cm-genau markieren, etwa durch eine senkrechte Peilung von der Stoßstange zur Fahrbahn (dabei möglichst Wasserwaage oder ein Lot benutzen - kein Witz!).
An einem Vorderrad ein Stück Kreppband straff über Reifenflanke und Kotflügel kleben und durchschneiden. Dann den Wagen soweit schieben, bis die Teile des Kreppbandes wieder genau gegenüberstehen. Die neue Position des Wagens mit der gleichen Peilmethode markieren und die Strecke zur 1. Markierung ausmessen. Das ist der reale Abrollumfang der Reifen, der innerhalb der berechneten Toleranzen liegen sollte und in die tatsächliche Startgeschwindigkeit bei 2000 rpm umgerechnet werden kann.
Rechenfaule können dazu im Batt Geschw.Rechner z.B. mit der Reifenbreite solange spielen, bis der berechnete Abrollumfang (Feld D11) mit dem gemessenen Wert übereinstimmt.

Getriebeübersetzungen kann man man z.B. im entsprechenden Fachartikel nachlesen, wenn der Kennbuchstabe des eigenen Getriebes bekannt ist.
Die potentiell ungenaue Tachoanzeige sollte für die Angabe der rpm -> km/h-Übersetzung wegen ihrer zentralen Bedeutung für die Berechnung nur "in Notfällen" herangezogen werden.

Die übrigen Variablen im DZR sollten entsprechend der Richtwerte eingetragen bleiben, es sei denn, man macht eine Extra Ausrollmessung zur exakten Ermittlung des Rollwiderstandes (Blatt RollwidRechner verwenden) oder hat spezielle Kenntnisse zum Einzelfall.
Hinweis: Nässe kann die gemessene Zeit gegenüber trockener Fahrbahn im Zehntelsekundenbereich verlängern.

Die optionale Eingabe einer Gegen- oder Rückenwindkomponente sowie von Steigungen bzw. Gefällen darf grundsätzlich nur erfolgen, wenn die Messungen nur in 1 Richtung möglich sind. Ansonsten sollte hier Null stehen.


Die Auswertung

Ergibt die gemessene Zeit des eigenen Wagens eine deutlich andere Zeit als berechnet, so kann man in die Felder E12 bzw. E13 Abweichungen in % vom Papierwert eintragen, bis die berechnete Zeit mit der realen Zeit weitestgehend übereinstimmt.
Die entsprechend korrigierten Drehmomentwerte für den eigenen Motor erscheinen dann in den Feldern D40 bis D50, als Vermutung(!) unter der Annahme, dass sich die Mehr- oder Minderleistung prozentual gleichmäßig auf den gesamten Bereich von 2000 - 4000 rpm verteilt.

Einfacher ist die Anwendung des DZR, wenn statt der tatsächlichen Motorleistung nur ein Vergleich am selben Fahrzeug gefragt ist, z.B. vor und nach einem Tuning. Dann reichen ungefähre Werte für Gewicht und Startgeschwindigkeit aus. Die realen Zeitmessungen sollten natürlich unter möglichst identischen Bedingungen erfolgen (Strecke, Wetter, Gewicht, Reifen).
Anschließend einfach die Drehmomentwerte in den Feldern D40 bis D50 der Vorher- und Nachher-Messung vergleichen: die Differenz ergibt den mittleren Erfolg des Tunings im Bereich 2000 - 4000 rpm.
Und das mit einer Genauigkeit, die praktisch nur von der Präzision an der Stoppuhr abhängt: Mit etwas Übung sind Fehler von 0,1 sec erreichbar, was bei einer Meßzeit um 6 sec im 3. Gang einer Unsicherheit unter 2% entspricht.

Zum Vergleich: Gute Leistungsprüfstände haben Toleranzen von 5%, wobei sich dieser Wert bei nicht 100% korrekter Bedienung praktisch beliebig erhöhen kann.



DZR Rainer Okt04.xls
 Beschreibung:
 Version vom 30.9.04
Version vom 30.9.04
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