Hallo Ulf!
Inzwischen weiß ich wieder etwas mehr über die Funktionsweise der Ladedruckregelung, da mir über bestimmte Kanäle innerhalb der Firma tiefgreifende Informationen zugespielt wurden
(wenn ... das liest, dann weiß er, dass er damit gemeint ist.
Danke).
Nun zur Sache:
Prinzipiell lag ich mit meiner Einschätzung richtig, dass eine kennfeldbasierte Vorsteuerung vorliegt. Es gibt eine Vielzahl von Kennfeldern, die die verschiedensten Einflussgrößen berücksichtigen (z.B. Drehzahl, Ladelufttemperatur, Kühlmitteltemperatur, atmosphärischer Druck, ...). Anhand dieser Kennfelder erfolgt zuerst eine Sollwertaufschaltung auf den Regler.
Dieser Regler wird durch die Vorsteuerung insoweit "entlastet", dass er nur noch die kleinen Abweichungen zwischen vorgesteuertem Sollwert und Istwert ausregeln muss.
Die Reglerstruktur ist allerdings entgegen meiner Annahmen weitaus komplexer aufgebaut als vermutet. Es handelt sich um einen PIDT1-Regler.
Hier mein Versuch, die Funktionsweise zu erklären:
1. Der P-Anteil gibt proportional zur Regelabweichung ein Stellsignal aus.
2. Der I-Anteil (I=Integrator) sorgt für den vollständigen Ausgleich der Regelabweichung, sorgt also für eine langfristige Angleichung von Soll- und Istwert.Problematisch am I-Anteil ist jedoch die Phasendrehung zwischen Soll- und Istwert sowie die Destabilisierung des Regelkreises. Doch dazu später mehr.
3. Der D-Anteil (D=Derivative, dt.: Ableitung) sorgt für eine schnelle Reaktion auf sprunghafte Änderungen des Sollwertes. Die Ableitung der Regelabweichung wird vom D-Anteil proportional verstärkt auf das Stellsignal aufgeschaltet.
Hierbei wurde jedoch ein DT1-Glied realisiert, welches mit einer "abklingenden Sprungantwort" auf einen Sollwertsprung reagiert. Ziel dieses Anteils ist es, z.B. bei plötzlichem Gasgeben die VTG sofort aufzureißen, d.h. auf volle Antriebsleistung des Laders zu stellen, noch bevor der gedämpfte Sollwert zu einer größeren Regelabweichung im Sinne des P-Anteils führen kann. Dies ist sozusagen die "Orakelfunktion" des Reglers, die ihn schon vorab von der Regelabweichung in Kenntnis setzt, die er bald bewältigen muss
Dem Reglerausgang ist noch eine Überwachungsroutine nachgeschaltet, die einige Parameter auf Plausibilität überprüft und die bei Überschreiten eines best. Ladedruckes sofort eingreift.
Ich hoffe, ich konnte die Funktionsweise einigermaßen anschaulich wiedergeben.
Nun zu Deinem Problem mit der 1Hz-Schwingung. Dadurch, dass Du die Einstellung der VTG verändert hast, stimmt die Vorsteuerung durch das Kennfeld nicht mehr so gut, d.h. der Regler hat mehr zu tun. Nun passen aber auch die Verstärkungsfaktoren der einzelnen Regleranteile nicht mehr genau, da durch den mechanischen Eingriff das mechanische Übersetzungsverhältnis leicht verstimmt wurde.
Du fährst also mit einem fehlangepassten Regler durch die Gegend. Nun kann es, insbesondere durch den I-Anteil des Reglers, sehr leicht zu einer Instabilität im Sinne der Regelungstechnik kommen, d.h. der Regler reagiert (z.B. auf einen Führungsgrößensprung) nicht sauber durch Einregeln des Sollwertes, sondern vollführt eine Dauerschwingung (grenzstabil
) oder reagiert sogar mit einer sich selbst verstärkenden Schwingung (völlige Instabilität).
Drehe doch mal die VTG-Stange wieder auf die ursprüngliche Stellung zurück. Ich wette, dass dann keine 1Hz-Schwingung mehr auftritt!!
Gruß
Alex
AUDI A3 1.9 TDI, EZ 12/96, ursprüglich MKB AGR, umgebaut zum AHF mit GT1749V-Lader, verkauft mit 250tkm
Golf 4 1.9 TDI, EZ 1/98, MKB ALH, jetzt auch mit GT1749V-Lader, verkauft mit 300tkm
Touran 1.9 TDI, EZ 09/2004
Audi A4 Avant 2.0 TDI, EZ 03/2010