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Gebrauchtwagen-Prüftipps für TDIs (Fachartikel)

 
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Gebrauchtwagen-Prüftipps für TDIs
ulf Beitrag12-06-2003, 16:46  
Die Gebrauchtwagen-Prüfung des TDIs sollte mit einem VCDS Autoscan beginnen. Hierbei werden alle im Fahrzeug verbauten Steuergeräte abgefragt und deren Fehlerspeicher sowie Codierungen gelistet.
Durch die Einträge in den Fehlerspeichern sind sehr schnell mögliche Problemstellen erkennbar, auch wenn das Fahrzeug keine offensichtlichen Mängel zeigt. Wichtig ist nicht nur die Quantität der angezeigten Fehler, sondern vor allem die Qualität. Sicher ist eine gelistete "Unterspannung im Steuergerät X, Y und Z" bei weitem weniger gravierend zu betrachten (bei Unterspannung in mehreren Steuergeräten sehr wahrscheinlich eine schlappe Fahrzeugbatterie ursächlich, kann allerdings auf Probleme mit der Ruhestromaufnahme hindeuten) als Probleme mit Turbolader oder Abgasreinigung.

Zeigt die Gebrauchtwagen-Prüfung per VCDS Diagnose keine gravierenden Mängel, ist eine mechanische und optische Prüfung des Fahrzeugs der nächste Schritt:

Anlassen: Vorglühen solange die Kontrolllampe leuchtet, dann sofort den Anlasser betätigen. Der Motor sollte bei einer guten Batterie warm wie kalt spätestens nach ca. 1 Sekunde anspringen, sofort auf die Leerlaufdrehzahl "einrasten" und rund laufen.

Leises Ventiltickern ist oft zu hören und kein Grund zur Beanstandung.

Leichte Unterschiede im Arbeitsgeräusch (gedämpftes Tackern) der einzelnen Zylinder kommen oft vor und sind unbedenklich. Starkes Hämmern oder Nageln einzelner Zylinder auch bei warmem Motor ist aber stets ein Alarmsignal z.B. für defekte Einspritzdüsen, wobei als Folgeschäden auch Kolben angeschmolzen sein können!

Alle intakten TDIs besitzen im Vergleich zu früheren Diesel-Generationen ein fast unglaubliches Durchzugsvermögen. Der volle Schub ist mindestens zwischen ca 2.000 und 4.000 min-1 verfügbar und bleibt beim Ausdrehen der unteren Gänge über den ganzen Bereich gleichmäßig(!) erhalten, ohne deutlich spürbar nachzulassen. Oberhalb etwa 2.000 min-1 muß beim Vollgasgeben nach spätestens einer halben Sekunde die volle Beschleunigung einsetzen.
Bei Pumpe-Düse-Motoren mit einem (gegenüber Motoren mit Verteilereinspritzpumpe) deutlich höheren Drehmoment um 2000 rpm erscheint der Bereich über 3.500 rpm oft relativ kraftlos, was aber meist kein realer Leistungsmangel ist.
Das subjektiv bessere Temperament der VP-Motoren im oberen Drehzahlbereich ist durch den geringeren Drehmomentverlust oberhalb 2000 rpm und durch das oft geringerere Gewicht der älteren VP-Autogeneration bedingt.
Dagegen kann der noch dickere Wohlstandsspeck der neueren PD-Fahrzeuggenerationen oft nur durch das überlegene Drehmoment im mittleren Drehzahlbereich überspielt werden.
Aktuelle CR-TDI ab Abgasnorm EU-5 zeigen im Fahrverhalten nicht wirkliche Schwächen, der Antritt beginnt knapp über Leerlaufdrehzahl und bietet i.d.Regel ein breites nutzbares Drehzahlband bis über 3.500 min-1.

Der Einsatz des Turboladers kann am besten in hohen Gängen (4. oder 5.) bei Vollgas-Beschleunigen aus etwa 1.100 min-1 geprüft werden. Zunächst ist kaum Schub zu spüren, spätestens ab 1.500 min-1 sollte aber ein deutlicher Kraftzuwachs kommen, durch den auch an mittleren Steigungen noch im höchsten Gang beschleunigt werden kann. Bleibt dieser Kraftzuwachs aus oder kommt er bedeutend später, so liegt ziemlich sicher ein Fehler am Ladesystem vor, dessen Reparaturpreis schwer abzusehen ist. Vom Aufstecken eines abgefallenen Steuerschlauches bis zum Ladertausch für mehrere tausend EUR ist alles möglich.

Jegliches Ruckeln über ca. 1.300 min-1 ist intakten TDIs völlig fremd. "Bockt" der Motor dennoch bei geforderter Leistung, so liegt immer irgendein Fehler vor, bei dessen Beseitigung sich manche Werkstätten oft recht schwer tun - was entsprechend hohe Rechnungen für Reparaturversuche nach sich zieht.
Auch eine ruckelfreie, aber stark unterschiedliche Kraftentfaltung (bei mehreren Versuchen immer im gleichen Gang bei Vollgas und ähnlichen Drehzahlen) während einer Probefahrt ist ein sicheres Zeichen für u.U. "teuere" Probleme.

Die Höchstgeschwindigkeit laut Kfz-Schein wird meist recht zügig erreicht. Wenn eine freie ebene Piste zur Verfügung steht, auf der ca. 90 Sekunden lang mit Vollgas durchbeschleunigt werden kann, sollte laut (meist voreilendem) Tacho die eingetragene Geschwindigkeit weitgehend erreicht sein, ggf. abzüglich Gegenwind. Ist dies bei annähernd serienmäßiger Aerodynamik (keine Riesenspoiler, extreme Breitreifen usw.) nicht möglich, so liegt vermutlich ein Leistungsverlust vor, dessen Ursachen vom verstopften Luftfilter oder Dieselfilter (billig) bis hin zum verschlissenen Motor (Austauschaggregate sind sehr teuer) reichen können.

Ein verrußtes Fahrzeugheck sollte jeden TDI-Interessenten mißtrauisch machen, denn Ruß ist bei intakten TDIs eigentlich kein Problem und tritt bestenfalls beim vollen Beschleunigen als leichte Fahne auf. Innen rußschwarze Endrohre sind dennoch normal.
Stärkeres Rußen kann auch auf elektronisches Tuning hindeuten, das bei TDIs leicht möglich und recht verbreitet ist. Viele solcher Fahrzeuge werden vom Besitzer betont "sportlich" gefahren, was bezogen auf den km-Stand unweigerlich einen weiter fortgeschrittenen Verschleiß bedeutet als bei "normal-gemäßigter" Fahrweise. Antworten auf diesbezügliche Fragen fallen meist am ehrlichsten aus, wenn man den Eindruck erweckt, man sei gegenüber einem getunten Motor nicht abgeneigt und an Erfahrungen mit Beschleunigungvergleichen gegenüber anderen "Sportwagen" interessiert. Fängt der Besitzer dann ausführlich an zu prahlen, wird der Wagen zwar oft recht "gut gehen", aber evtl. der Antrieb nicht mehr die durchschnittliche restliche Lebenserwartung haben.
Besondere Vorsicht gilt bei TDI mit geschlossenem DPF, dies sind i.d.Regel Fahrzeugmodelle ab 2006. Zeigt sich hier ein schwarzes Fahrzeugheck, ist mit Sicherheit der DPF defekt und es bestehen zusätzlich noch weitere Probleme am Motor.

Prügelt der Verkäufer den kalten Testwagen gleich um zu zeigen wie toll er geht, macht er das gewöhnlich wohl häufiger so, Finger weg hier, Vollgas bei kaltem Motor schafft jede Maschine.

Ein wahrnehmbares Schütteln des Motors beim Abstellen ist normal.

Da jeder TDI vollelektronisch gesteuert ist, sollten die Kabelverbindungen im Motorraum einen vertrauenerweckenden Eindruck machen. Leichte Schmutzschichten auf ansonsten unbeschädigten Kabeln und Steckverbindern sind unkritisch, aber stark geknickte Kabelstränge, blanke bzw. korrodierte Kabelstellen können ohne weiteres zum Liegenbleiben führen -
im Gegensatz zu den früheren "mechanischen" Dieseln, die zum Laufen nur Spannung am Abstellventil brauchten, während das gesamte restliche Bordnetz zusammenbrechen konnte.

Deutlicher Dieselgeruch im Motorraum deutet auf Undichtigkeiten hin, die mit etwas Glück billig zu beben sind. Genausogut kann aber die Einspritzpumpe (VP-TDI) oder Tandempumpe (PD-TDI) oder Hochdruckpumpe (CR-TDI) lecken, was meist weit über 1.000 EUR Reparaturkosten bedeutet. Insbesondere häufiger Biodiesel-Betrieb kann manchmal Pumpendichtungen mürbe machen. Bezeichnenderweise gibt der Einspritzpumpenhersteller Bosch seine Produkte NICHT für Biodiesel frei, während Volkswagen Biodiesel ab Baujahr 1996 freigibt - und nach der Garantiezeit bei undichten Pumpen meist an Bosch verweist, wo der Kunde dann das eben Gesagte zu hören bekommt! Da es bei Biodiesel nur den Normentwurf DIN 51 606 gibt, ist wenigstens darauf zu achten daß sich die benutzte Tankstelle damit schmückt.

Öl- und Kraftstoffverbrauch werden kaum im Rahmen einer Besichtigung / Probefahrt "objektiv" zu ermitteln sein, d.h. man ist auf die Aussagen des Besitzers angewiesen. Gängige Verbräuche bei "normal-gemäßigter" Fahrweise sind etwa 5 bis 7 Liter Kraftstoff / 100km und bis zu 0,5 Liter Öl auf 1.000 km. Deutlich höhere Angaben des Besitzers deuten auf Probleme am Fahrzeug hin.

Lebenswichtig beim TDI ist der Wechsel des Zahnriemens für Einspritzung und Ventiltrieb samt Riemenspannrolle in den vorgegebenen Intervallen (je nach Version alle 60.000 oder 90.000 km (bei den 5/6 Zylinder VP-TDI/PD-TDI länger bzw. davon abweichend), bei CR-TDI 120.000km - 210.000km). Hat der Wagen diese Laufleistungen überschritten, so sollte ein glaubwürdiger Nachweis des Riemen- und Spannrollenwechsels erbracht werden können. Ansonsten entstehen beim Reißen des Riemens unvermeidbar kapitale und sehr teure Motorschäden.

Die Glühkerzen sorgen bei älteren TDIs bisweilen für ordentlichen Ärger:
Nicht nur daß sie (teilweise) defekt sind und ausgetauscht werden müssen, nein - oft sitzen sie mehr oder weniger festgegammelt im Zylinderkopf und lassen schon angesichts des benötigten Lösemoments nicht Gutes erahnen.
Oft wird dann der Sechskant abgeschert und das Gewindeteil bleibt bombenfest im Zylinderkopf sitzen, oder das Alugewinde im Kopf wird rundgedreht, und die Kerze kommt ebenfalls nicht heraus.
Zur ordentlichen Behebung des Schadens muß regelmäßig der Zylinderkopf abgenommen werden, was eine Menge (teurer) Arbeit bedeutet.
Um diesem Risiko vorzubeugen, sollte man bei einem Gebrauchtwagen die Umgebung der Kerzen genau auf Dreck und Gammel prüfen und im Zweifelsfall verlangen, daß alle Kerzen (nicht nur die defekte) einmal herausgedreht werden (näheres dazu Startprobleme an VP-TDI, Startprobleme an PD-TDI und Startprobleme an CR-TDI).
Geht der Anbieter nicht darauf ein, so kann das ein handfestes Argument sein, den Kaufpreis zu drücken, oder den Wagen ganz aus der engeren Auswahl zu streichen.


Sonstige Punkte wie Getriebe, Rost, Reifenverschleißbild, Geradeauslauf, Bremsen, Öl- und Wasserverluste, Pflegezustand usw. sollten wie bei "jedem normalen" Fahrzeug geprüft werden.


Vergleichender Kompressionstest unterwegs:
Bei Zweifeln über den Zustand des Motors kann ein provisorischer vergleichender Kompressionstest erste Anhaltspunkte geben (klappt auch bei Benzinmotoren, allerdings nicht bei Automatikgetrieben):
An einer möglichst schwach befahrenen, mittelstarken Gefällstrecke mit ebener icon_exclaim.gif Fahrbahnoberfläche anhalten, Motor abstellen, 2. Gang einlegen, alle Pedale und Handbremse lösen, Lenkung geradeaus. Der warmgefahrene Wagen sollte alle ca. 3 bis 5 Sekunden ein Stückchen bergab rollen und anschließend wieder stehenbleiben (also schrittweise bergab hoppeln) - wenn nicht, 1. oder 3. Gang ausprobieren, ggf. eine steilere Strecke suchen.
(In den hohen Gängen wird der Motor eher kontinuierlich durchgedreht, was die Zeitermittlung zwischen den einzelnen Hopplern erschwert und ungenau macht.)
Die Zeiten zwischen den einzelnen Hoppelbewegungen sollten in etwa gleich lang sein. Immer wiederkehrende Zeitabweichungen von mehr als etwa 30% im Rhythmus der Zylinderzahl deuten auf Unterschiede zwischen den Zylindern hin, die die Kompression auch beim Betrieb des Motors beeinflussen können.
Allerdings ist die "Drehzahl" bei diesem Test unrealistisch gering und die erreichten Kompressionsdrücke sehr niedrig, was die normalen Abdichtfunktionen zwischen Kolbenringen und Zylindern beeinträchtigt.
Daher kann man von einem "schlechten" Ergebnis beim Hoppeltest nicht automatisch auf ein ähnliches Resultat bei einem regulären Kompressionstest (mit Anlasserdrehzahl) schließen. Letzterer ist die "amtliche" Methode und daher in seiner Aussagekraft definitiv höher zu bewerten als der Hoppeltest.
Dennoch legt ein Hoppeltest mit bedenklichem Ergebnis einen regulären Kompressionstest nahe, denn z.B. undichte Ventile fallen bei beiden Methoden auf.
Verweigert der Anbieter nach dem Hoppeltest einen regulären Kompressionstest, so sollte man sich den Kauf des Wagens sehr gründlich überlegen.

Falls kein passendes Gefälle in Reichweite ist, kann man folgendes versuchen:
Rechtes Rad der angetriebenen Achse hochbocken und den Wagen sorgfältig gegen Wegrollen sichern.
Vorsicht Unfallgefahr! Zündung auf jeden Fall ausschalten!
Größten Gang einlegen und den betriebswarmen Motor per Radkreuz mit möglichst gleichmäßiger Kraft durchdrehen, dabei das Radbolzen-Anzugsmoment nicht deutlich überschreiten. Auch hier auf die Zeiten achten, in denen die Kompressionen durch (in geringem Maßvöllig normale!) Undichtigkeiten der Kolbenringe und ggf. Ventile verlorengeht. Bei Allradautos ist dieser stationäre Test je nach Konstruktion evtl. nicht möglich.


Zuletzt bearbeitet am 11-02-2024, 12:40, insgesamt 5-mal bearbeitet.
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