Einen Überblick über den aktuellen Entwicklungsstand von Glühstiften (umgangssprachlich: Glühkerzen) gibt folgender Artikel von Ralf ( @Gremlin ). Vielen Dank !
Allgemeines
Die Startwilligkeit eines Dieselmotors ist sehr stark von der Temperatur und der Konstruktion des Brennraumes abhängig. Direkteinspritzer-Motoren (mit einteiligem Brennraum siehe Bild 3) haben einen geringeren Wärmeverlust als Vor- oder Wirbelkammermotoren (mit geteiltem Brennraum siehe Bild 1) und 2).
Bei niedrigen Temperaturen erhöht sich das Reibmoment des Motors, und der Kompressionsdruck sowie die Temperatur sinken durch zusätzliche Leck- und Wärmeverluste, so daß ein Start ohne zusätzliche Einrichtungen oft nicht mehr möglich ist.
Anordnung der GSK bei unterschiedlichen Brennräumen:
- 1) Vorkammer
- 2) Wirbelkammer
- 3) Direkteinspritzer
Die Funktionweise der GSK unterteilt sich in zwei Phasen:
- Die Vorglühphase:
Die Glühstiftkerze muß in möglichst kurzer Zeit auf eine für den Start notwendige Temperatur (ca. 850°C) erwärmt werden.
Sie ist in einem Bereich des Brennraumes angeordnet, in dem sich zündfähiges Gemisch befindet. Bei modernen Glühkerzen ist die erforderliche Temperatur nach ca. 4 s erreicht. - Nachglühphase:
Nach dem Start des Motors werden moderne GSK weiter betrieben, um den Hochlauf des Motors zu verbessern und die Blaurauch-Emissionen
und die Verbrennungsgeräusche während des Warmlaufs zu verringern. Die Zeiten betragen im Fahrbetrieb bis zu 180s.
GSK-Aufbau
Der Glühstift besteht aus einem Rohrheizkörper, der in ein Kerzengehäuse eingepreßt ist. Der Rohrheizkörper besteht aus einem heißgas-/korrosionsbeständigem Rohr, das im Inneren eine in verdichtetem Magnesium-oxid-Pulver eingebettete Glühwendel trägt.
Die Glühwendel besteht selbst aus zwei in Reihe geschalteten Widerständen, aus der in der Glühspitze untergebrachten Heizwendel, die einen von der Temperatur nahezu unabhängigen elektrischen Widerstand hat und einer Regelwendel aus einem Material mit positivem Temperaturkoeffizient (PTC).
Die Heizwendel ist zur Kontaktierung masseseitig in die Kuppe des Glührohrs eingeschweißt, die Regelwendel ist am Anschlußbolzen kontaktiert, über den der Anschluß an das Bordnetz erfolgt.
Funktion
Beim Anlegen der Spannung an die Glühkerze wird zunächst der größte Teil der elektrischen Energie in der Heizwendel in Wärme umgesetzt; die Temperatur an der Spitze der Kerze steigt damit steil an. Die Temperatur der Regelwendel erhöht sich zeitlich verzögert und damit auch der Widerstand. Die Stromaufnahme und somit die Gesamtleistung der Glühstiftkerze verringert sich und die Temperatur nähert sich dem Beharrungszustand.
Bild: Aufheizkennlinie und Stromaufnahme einer GSK2 mit 5mm-Stift bei T=20°C, U=11V
Die GSK2 zeichnet sich durch ein schnelles Erreichen der Starttemperatur und durch eine verringerte Beharrungstemperatur aus.
Damit konnte die Vorglühzeit bis zum Start verringert und die Nachglühphase realisiert werden.
Rapiterm-Glühsystem
Die keramischen Glühstiftkerzen (GSK3).
Allgemeines
Mit dem Bosch-Rapiterm-System können Diesel-Fahrer jetzt auch bei extremen Minustemperaturen sofort starten.
Die neue Glühstiftkerze aus Komposit-Keramik erreicht die für den Start erforderliche Temperatur in nur einer Sekunde - schneller als jede andere Glühkerze.
Ihre hohe Dauertemperatur von etwa 1200 Grad Celsius sorgt darüber hinaus für einen verbesserten Hoch- und Warmlauf sowie geringeren Emissionen (Abgas und Geräusch) während der Warmlaufphase.
Zum anderen erreichen die neuen Glühstifte eine wesentlich höhere Lebensdauer als konventionelle Kerzen:
Dank der hohen Oxidationsbeständigkeit der Komposit-Keramik halten die Rapiterm-Glühkerzen zuverlässig mehr als 30.000 Kaltstarts - länger als die statistisch ermittelte Laufleistung von Dieselmotoren selbst.
Ihre geringere Leistungsaufnahme ermöglicht eine geringere Belastung des Bordnetzes.
Die exakte Steuerung von Vor-, Nach- und Zwischenglühen übernimmt - zusammen mit der EDC - ein kompaktes Glühzeitsteuergerät (GZS-T).
GSK3-Aufbau/Funktion
Für Rapiterm wurde von Bosch ein neues Material entwickelt: Komposit-Keramik.
Der Glühstift besteht aus zwei Keramikschichten,
- der innenliegenden Isolierschicht und
- der außenliegenden Leitschicht
Sie bestehen aus unterschiedlichen Keramikmischungen, die thermisch eine identische Ausdehnungen aufweisen, jedoch elektrisch grundverschieden sind.
Durch die Reduzierung der Leitschicht an der Glühstiftspitze wird der Widerstand an einer definierten Stelle erhöht und somit die Lage des "HOT SPOT" genau definiert. Mit der außenliegenden Leitschicht als Heizzone regelt Rapiterm die Temperatur wesentlich schneller als herkömmliche Metall- bzw. Keramikglühkerzen mit innenliegender Wendel. So kann beim Kaltstart die Abkühlung durch den Luftstrom oder durch einen Spannungseinbruch unmittelbar ausgeglichen werden.
Der High-Tech-Werkstoff stellt jedoch auch für das Erreichen der Spitzentemperatur von über 1200 Grad eine wichtige Voraussetzung dar.
GSK3-Vorteile
- kurze Aufheizzeit auf 1000°C < 2s durch außenliegenden Heizer
=> Sofortstart, auch bei Temperaturen von -25°C
- Hohe Dauertemperatur (T60 > 1200°C)
=> Unterstützung des Motors in allen relevanten Betriebszuständen (durch nach- und zwischenglühen)
=> Verbesserung des LL-Verhaltens bei tiefen Temperaturen
- Niederspannungskerze (Unom=7V)
=> zusätzliche Reserven bei Ubat > Unom => "puschbar"
- Geringe Leistungsaufnahme durch Hot Spot an der Kerzenspitze
=> trotz Niedervoltauslegung zur herkömmlichen GSK2 vergleichbare Stromaufnahme
- hohe Oxidationsbeständigkeit und geringe Festigkeitseinbuße bei hohen Temperaturen
=> zuverlässig mehr als 30.000 Kaltstarts
Bild: Aufheizkennlinie und Stromaufnahme einer Rapiterm-Glühstiftkerze (Unom=7V) im Vergleich zur Metall-GSK (Unom=11V) bei 20°C
Aktuelle Motorsteuergeräte überwachen die Funktion der Glühkerzen, entsprechende Fehlfunktionen lassen sich z.B. mit den Diagnosesystemen VCDS (Audi, Seat, Skoda, Bentley, Volkswagen) oder Bavariantechnic (BMW) feststellen.
Prüfung und Arbeit mit Glühkerzen
Prüfung von Glühkerzen
Hinweis zum Einbau: Das vorgeschriebene Drehmoment ist unbedingt einzuhalten, da ein geschlossener Ringspalt von zu fest eingeschraubten Kerzen (Wärmeabfluß) die Regelwendel veranlasst, die Glühspitze zu überheizen. Neue zu fest eingeschraubte Glühkerzen fallen daher sehr schnell aus.
Keramikglühkerzen sind auch beim Fallen aus sehr geringen Höhen zu ersetzen, da dann spätere Bruchgefahr im Motor besteht, mit anschließendem Motorschaden.
Keramik- und Stahl-Glühkerzen dürfen nicht gemischt verbaut werden. Je nach Motor ist auch nur die eine oder andere Sorte erlaubt, teilweise gibt es Softwareupdates zum Verbau der jeweils anderen Art!
Quelle: www.bosch.de